Luke Skywalker ist tot – ein Nachruf

Nicht der Schauspieler (Mark Hamill) – der lebt noch, mehr schlecht als recht – die Kinofigur ist tot. Dabei wurde Luke Skywalker gerade erst am Ende des vorangegangenen Films wieder gefunden …

Da er mich seit fast 40 Jahren, meine Kinder sogar ihr ganzes Leben begleitet hat, ist da wohl eine Nachbetrachtung angezeigt. (Tante Grete ist der einzige Mensch, den ich kenne, der nicht weiß, wovon ich jetzt spreche).

Luke Skywalker ist – wie sich erst im zweiten Film (heute Episode V) herausstellte, der Sohn von Darth Vader und der Bruder von Prinzessin Leia (letztere lebt noch – als Filmfigur, allerdings ist die Darstellerin jüngst verstorben). Darth Vader begann einst unter dem Namen Anakin Skywalker als strahlende Hoffnung der Jedi (der „hellen Seite“-obwohl diese so nicht genannt wird). Er wurde dann aber von der „dunklen Seite“ (die sich bizarrerweise auch selbst so bezeichnet) verführt, nannte sich fortan Darth Vader und verfügte danach über ein stark erweitertes Gewaltpotential bei sehr eingeschränkten sozialen Kompetenzen.

Jahrzehntelang habe ich versucht, meinen Kindern zu erklären, dass man im wirklichen Leben gut und böse nicht so leicht unterscheiden kann. (Nur manche amerikanische Präsidenten können das, aber die waren natürlich auch einer besonders hohen Dosis amerikanischer Filme ausgesetzt).

Wirkliche Bösewichte erkennt man weder am verunstalteten Gesicht noch an schwarzer Kleidung. Sie sagen auch nicht ständig „komm zur dunklen Seite (… und sei fortan böse)“. Nein – wahre Bösewichte behaupten von sich selbst, sie seien die Guten, ihre Ziele seien edel und das Glück der Menschheit ihr Anliegen. Infamer weise behandeln sie meist auch ihre Anhänger gar nicht so schlecht, sondern nur diejenigen, die sich ihnen widersetzen. Aber wer glaubt das schon, wenn man es doch täglich in Film und Fernsehen anders sieht.

Die Engländerin Joanne K. Rowling, Schöpferin von Harry Potter (einer Art englischem Luke Skywalker) und dem bösen Lord Voldemort ist in ihren Büchern dem amerikanischen Schema leider auch auf den Leim gegangen. (Kein Mensch kann verstehen, warum ein Anführer, der seine Anhänger knechtet und permanent demütigt, so lange eine so loyale Gefolgschaft hat – zumal seine Gegner alle so nett sind.) Allein – gegen das von George Lucas verbreitete Weltbild (das inzwischen durch praktisch alle amerikanischen Filme wabert) war und bin ich machtlos.

Im Gegensatz zu den Jedis, die – wie leider auch ihre Gegenspieler die Siths – reichlich über die „Macht“ verfügen. Diese umspannt irgendwie das Universum, ist irgendwie in allen Dingen und taugt leider überwiegend für telekinetische und telepathische Kunststückchen. Wenn es wirklich mal darauf ankommt, erweist sie sich meist als erstaunlich wirkungslos.

Ort der Handlung ist eine „ferne“ Galaxis, die von Menschen und diversen merkwürdigen Aliens bevölkert wird. Die Menschen geben aber überall grundsätzlich den Ton an. Zwar befinden sie sich im permanenten Krieg miteinander – die übrigen Bewohner der Galaxis nehmen daran aber im Wesentlichen nicht (oder zumindest nicht auf Augenhöhe) teil. Die Teile der Welt, die der Zuschauer zu sehen bekommt, sind oft unwirtlich und in jedem Fall politisch und wirtschaftlich archaisch strukturiert. Daneben existiert aber allenthalben eine atemberaubende Hochtechnologie. Etwas merkwürdig nimmt sich angesichts dessen aus, dass bei den wirklich entscheidenden Kämpfen die Technik auf das Niveau des frühen 20. Jahrhunderts (Erdzeit) regrediert: Kämpfe Mann gegen Mann, wobei die Laserschwerter (nur für Jedis und Siths) abgesehen von der zusätzlichen Hitzeentwicklung auch nicht viel mehr taugen als ein mittelalterlicher Bidenhänder. Die Kampfentfernung der ansonsten weltraumtauglichen Flugzeuge beträgt kaum mehr als 150m und die Dialoge sind amerikanischen Jagfliegerfilmen entlehnt. („Achtung, zwei hinter Dir auf halb acht Uhr“).

In diesem Universum wird der als schlichter Simplizissimus staunend durch die Abenteuer stolpernde Luke Skywalker allmählich ausgebildet und diversen Prüfungen ausgesetzt. Den Verlockungen der dunklen Seite erliegt er nicht – nicht zuletzt deshalb, weil diese ihm keine glaubhafte Vorteilsübersetzung anbieten kann. Schließlich rettet er (etwa 1982 Erdzeit- in „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“) abschließend die Welt – wie der ahnungslose Kinozuschauer allerdings voreilig glaubte. Dabei musste er zwar seinen Vater töten – der erlangte dadurch aber immerhin wieder die Rückkehr zur guten Seite. (Im Gegensatz zu J.K. Rowlings Lord Voldemort, dem jede Erlösung versagt blieb.)

Leider verhält es sich mit der Story wie mit Krebs – es bildeten sich Metastasen – „Prequels“ und „Sequels“. Ursprünglich hatte George Lucas das Opus wohl auf 12 Filme dimensioniert (und übertrifft damit G.R.R. Martins Planung für „Game of Thrones“ deutlich). Aber mit „Rogue One“ wurde nun auch noch eine „Anthology“-kreiert, sodass mit weiteren Wucherungen zu rechnen ist.

Auch stirbt das Personal zwar, aber es stirbt nicht aus, selbst jetzt nicht, nachdem die Saga sich tatsächlich allmählich in die Zukunft (vom Stand von 1982 Erdzeit aus betrachtet) in Bewegung setzt.

Alle Häme nützt aber nichts: Wie ein Junkee, der seinen Stoff hasst, musste ich letzte Woche den neuesten Streifen in mich hineinziehen. Er firmiert als Episode VIII (das zu erklären sprengt den Rahmen dieses Beitrags) und heißt „Die letzten Jedi“.

Inhaltlich gab es wenig Neues zu besichtigen. In Episode VII neu eingeführte Bösewichte und Identifikationsfiguren absolvieren in geringen Variationen die gleichen Abenteuer wie vor 35 Jahren. Immer gilt es, irgendjemanden zu befreien oder eine einzigartige, allein kriegsentscheidende Apparatur zu zerstören. Neben den üblichen Gefechten gibt es etwas mehr Dialog (Plattitüden über das Leben, die Liebe und die „Macht“). Leider macht das den Film nur länger, nicht besser.

Der eigens zu diesem Zweck astral auferstandene Jedi-Meister Yoda (gestorben im zweiten Film, heute „Episode V“) – man sieht ihn aber immer wieder gern – erläutert uns, dass man keine Jedi brauche. Luke Skywalker steuert bei, dass die Macht in allen Menschen sei. Folgerichtig stirbt Luke – nach einer beeindruckenden Schlussapotheose – letztlich an einer Mischung aus Erschöpfung und Unlust. Eigentlich löst er sich aber auf, lässt nur die leeren Kleider zurück  (wie weiland Obi Wan Kenobi). Friede und die Macht seien mit ihm.

So könnte denn wenigstens dieser Zweig der Story zu Ende sein. Leider teilt Luke Skywalker aber vor seinem Dahinschwinden noch – im Widerspruch zu seinen und Yodas früheren Ausführungen – mit, dass die neue Heldin „Rey“ nun die letzte Jedi sei … Und der Gegenspieler „Kylo Ren“ – als Han Solos und Leias Sohn früh zur dunklen Seite abgeworben –  ist auch noch da. In ihm ist die „Macht“ ebenfalls sehr stark, sodass seine Bekehrung oder Bezwingung in jedem Fall noch mehrere Filme füllen wird…. Ein bisschen Anlauf wird allein deshalb nötig, weil die Zahl der Rebellen nach Episode VIII galaxisweit auf unter ein Dutzend gesunken ist. Das wird schon etwas dauern, bis die wieder auf Augenhöhe mit der bösen „ersten Ordnung“ sind.

Dass wir Luke Skywalker oder Prinzessin Leia noch einmal sehen werden, will ich nicht ausschließen. Weder der Tod der Filmfigur (siehe Yoda) noch der Schauspieler (Carrie Fisher als Leia) bietet eine Gewähr. In „Rogue One“ ließen die Produzenten den seit 35 Jahren verstorbenen Peter Cushing („Grand Mov Tarkin“, Kommandant des Todessterns) digital-elektronisch täuschend ähnlich wieder auferstehen … Man kann nur gespannt sein …

Dieses Epos wird mich überleben. Aber bis dahin muss ich – zähneknirschend und wider besseres Wissen – alle zwei Jahre meinen Obulus an der Kinokasse entrichten. Ein Entwöhnungsprogramm kann ich mir nicht leisten….

2 Gedanken zu “Luke Skywalker ist tot – ein Nachruf

  1. genau, „beer is cheaper then therapy“

    und übrigens das Gut / Böse-Chema ist nicht neu, in den Western waren es die schwarzen gegen die weißen Hüte

    und davor sicher ähnlich (ich möchte fast vermuten, dass z.B. der Ku Klux Klan da irgendwelche schwarz / weißen Vorbilder hatte).

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